Pulheim - Hallenbadpläne: Ist Pulheim gut beraten? - Von Claudia Reischauer -
Einführung
Welches Hallenbad für Pulheim soll es sein? Darüber entscheidet der Stadtrat am 19. Juli, zuvor sollen am 29. Juni die Bürger in einer Informationsveranstaltung zu Wort kommen. Fünf Varianten stehen zur Debatte – und in der Bevölkerung regen sich zunehmend Zweifel und Widerstand.
Pulheim muss ein neues Schwimmbad bekommen. Gut zwei Jahre nach dem Startschuss der Planungen, für die Berater und Architekten bislang 689.000 Euro netto von der Stadt kassierten, stehen fünf Varianten zur Auswahl. Jetzt mehren sich die Zweifel, ob es bei den Entwürfen und der Kalkulation strikt im Sinne Pulheims zugeht. Denn die externen Experten und Architekten, die von der Stadt beauftragt sind, sind untereinander vielfach vernetzt.
Die Frage: Wie stellen Stadtrat und Verwaltung sicher, dass zum Wohle der Kommune gerechnet und beraten wird - statt einseitig zugunsten beteiligter Unternehmen?
Es geht um vier Unternehmen, die von der Stadt eingesetzt sind: Erstens die Würzburger WSP/CBP als unabhängiger Projektsteuerer und "Oberaufseher, in Vertretung der Verwaltung", wie es Geschäftsführer Heiner Schubert sagt. Zweitens das Architekturbüro Dr. Krieger aus Velbert. Es hat – unter Aufsicht von WSP/CBP - vier Schwimmbadmodelle für Pulheim entworfen und Baukosten berechnet. Dritter Akteur ist die Kommunalberatung Con.Pro aus Nürnberg mit Geschäftsführer Klaus Batz. Er schätzte im Auftrag der WSP/CBP die fünfte Variante und agiert auf den ersten Blick unabhängig vom Architekturbüro Dr. Krieger. In Wirklichkeit aber sind beide eng verdrahtet und Mitglieder im Lobbyverband EWA. Zu diesem Netzwerk gehört auch das vierte Unternehmen, die GMF aus Neuried. Sie erstellte die erste Machbarkeitsstudie für das neue Hallenbad und ist nun beauftragt, zusammen mit Con.Pro alle Varianten vergleichbar zu berechnen. Die Ergebnisse sollen die Basis sein für die Bürgerinformation am 29.Juni und für die Entscheidung der Stadträte im Juli. Auch hier schließt sich der Kreis: Die GMF rühmt sich langjähriger Zusammenarbeit mit dem Büro Dr. Krieger. Und sie arbeitete auch schon mit Kommunalberater Klaus Batz von Con.pro zusammen: als Gutachter bei dem 2007 spektakulär geplatzten Plan für den Bau des Niemeyer-Spaßbads in Potsdam.
Wissen die Zuständigen in Stadt und Rat, wer da für Pulheim am Werk ist? Überblicken sie die Interessen- und Gemengelage? Können sie sie kontrollieren?
Das Büro Dr. Krieger hatte dem Stadtrat bis Ende 2010 vier Entwürfe für ein Hallenbad vorgelegt. Sie reichen vom üppigen Anbau eines neuen Hallenbads an das Stommelner Freibad bis zu dessen Umbau und mobilen Überdachung. Letzteres, die Variante vier, nennen die Architekten "Cabriobad", weil es je nach Bedarf als Hallen- oder Freibad nutzbar ist. Die im Puheimer Stadtrat mächtige CDU-Fraktion favorisiert dieses Modell. Für eine Kommune wie Pulheim mache eine solche Lösung „durchaus Sinn“, meint auch WSP/CBP-Geschäftsführer Schubert.
Das Problem: Alle Krieger-Varianten sind bislang zu teuer. Deshalb forderte der Stadtrat Ende 2010 eine fünfte Variante – ein einfaches Hallenbad, das zusätzlich zum Freibad in Stommeln oder Pulheim entstehen könnte. Projektsteuerer WSP/CBP bot sich an, ein solches schlichtes Modell selbst zu prüfen, das sei nicht so teuer wie ein neuer Architektenplan. „Dabei kontrollierte der Kontrolleur sich selbst“, gibt WSP/CBP-Geschäftsführer Schubert zu. Mit der Kostenschätzung beauftragte er den Kommunalberater Con.Pro aus Nürnberg. Das klingt nach unabhängiger Expertise eines neutralen Dritten.
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Vielleicht ist es das aber gar nicht. Die Nürnberger Con.Pro und das Büro Dr. Krieger haben gemeinsame Verbindungen, die viele Fragen aufwerfen.
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Fakt ist: Klaus Batz, der vermeintlich neutrale Kommunalberater, ist Geschäftsführer des Lobbyverbands European Waterpark Association EWA. Deren Mitglieder sind Betreiber von Spaßbädern und anderen Freizeitanlagen. Sie "treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch auf internationaler Ebene", heißt es auf der Homepage. Ihr Ziel lautet, sich für "eine nachhaltige und Ressourcen schonende Entwicklung der Bäder- und Freizeitbranche" stark zu machen. Das ist keineswegs dasselbe wie der sparsame Umgang mit Steuermitteln.
Zu den Fördermitgliedern der EWA gehören das Architekturbüro Krieger aus Velbert und die GMF aus Neuried.
Als Plattform für Geschäftsbeziehungen scheint die EWA gut geeignet. Ihr Präsident, und damit Batz enger Kollege, ist Michael Quell. Er leitet die Aquapark Management GmbH in Münster. Sie betreibt unter anderem das Jugendstilbad Darmstadt, und das ist wiederum ein Referenzobjekt des Büros Dr. Krieger. Weiteres Beispiel: Krieger hat die Unternehmenszentrale von Schulte Schlagbaum in Velbert gebaut, einem Hersteller von Schließ- und Gebäude-Management-Systemen. Eine Firmentochter von Schulte residiert in Velbert neben Krieger - ihr Vertriebsleiter ist Beirat der EWA.
Alles Musterbeispiele für den von der EWA gepriesenen "Erfahrungsaustausch zwischen Betreibern und Herstellern bzw. Dienstleistern"? Die Drähte zwischen EWA-Lobbyist Batz, der in Pulheim als Kommunalberater wirkt, und dem Architektenbüro Dr. Krieger sind jedenfalls zahlreich. Zudem ist Batz, dessen Firma Con.Pro bis 2008 in Leipzig saß, kein unbeschriebenes Blatt. Über seinen EWA-Posten und ein angebliches Lobbyisten-Gutachten beim umstrittenen Bäderplan in Potsdam berichteten 2005 die "Potsdamer Neuesten Nachrichten" und "Frontal 21".
Dass der Projektsteuerer WSP/CBP im Fall Pulheim ausgerechnet ihn beauftragt, den teuren Krieger-Plänen etwas entgegen zu setzen, erscheint zumindest fragwürdig.
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Fürsprache für das Cabriobad erscheint vor allem dann unter neuem Licht, wenn man weiß, dass Architekt Krieger ein umfangreiches Patent hält auf ein Mehrzweck-Schwimmbad mit mehreren Modulen, darunter komplett einfahrbare Dächer. Er hat also die Rechte an der Cabrio-Variante. Wird Krieger nach der anstehenden Entscheidung in Pulheim mit der Feinplanung betraut, wäre es von den Architekten nur allzu menschlich, dabei die eigenen, patentgeschützten Konstruktionen einzusetzen. "Ich gehe davon aus, dass es wahrscheinlich ist, dass sich die Stadt bei der weiteren Planung wieder auf Krieger beziehen wird", gibt sich Schubert von WSP/CBP überzeugt. Plant der Architekt ein Cabriobad, käme er auch leichter an den Bauauftrag. Geschäftsführer des Architektenbüros ist Michael Krieger. Er leitet außerdem die Bau Coordinierungsgesellschaft IBACO, die ebenfalls Schwimmbad-Patente hält. Fällt in Pulheim hingegen die Entscheidung für ein einfaches Sportbad, wäre der Zuschlag weniger sicher. "Wenn ein schlichter Bau ausgeschrieben wird, kommen viele Anbieter in Frage", gibt ein hochrangiger Krieger-Manager zu.
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Wie stellt die Pulheimer Verwaltung in dieser Gemengelage sicher, dass Lobbyist Batz sich nicht hinreißen lässt, eine Lösung zu puschen, die im Sinne des Architekturbüros Dr. Krieger ist – aber vielleicht nicht in dem der Kommune? Wie gut ist Pulheim eigentlich beraten mit einem Projektsteuerer, der sich – wenn es um Alternativen zu Kriegers Entwürfen geht – selbst kontrolliert und einen Lobbyisten als Kommunalberater ins Boot holt? Waren Querverbindungen und frühere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren bekannt und wurden sie genügend hinterfragt?
Bislang gibt es keine Antworten auf diese Fragen, die seit der Sitzung im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats am 24. Mai öffentlich im Raum stehen. Die Verwaltung werde die Hinweise „in ihre Betrachtungen“ einbeziehen, zitierte zwei Tage später der „Kölner Stadt Anzeiger“ den Pulheimer Bürgermeister Frank Keppeler. Eine aktuelle Stellungnahme von ihm war heute auf Anfrage nicht zu erhalten, auch Stadträte und beteiligte Unternehmen schweigen sich aus.
- Text: Claudia Reischauer - Die Autorin ist Wirtschaftsjournalistin und lebt in Stommeln, als stellvertretende sachkundige Bürgerin sitzt sie für die Fraktion der Grünen in zwei Ausschüssen der Stadt und wünscht sich als Bürgerin den Erhalt des Stommelner Freibads, Foto: EH